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Die Zeit ist reif für Integrale Politik

Die Zeit ist reif für Integrale Politik

„Fortschritt besteht nicht in der Verbesserung dessen, was war, sondern in der Ausrichtung auf das, was sein wird.“

Khalil Gibran

Nach Covid-19, der weltumspannenden Pandemie, wird nichts mehr so sein, wie es bis dahin war. Covid-19 ist das globale Umbruchsignal, wie niemand es sich so vorgestellt hat. Der Wechsel von der als Moderne bezeichneten Gesellschaftsperiode, die uns so wichtige Errungenschaften wie die Demokratie und die Anerkennung der Menschenrechte gebracht hat, hin zum grünen, postmodernen Zeitalter ist offensichtlich. Das ist allein schon durch die Tatsache ersichtlich, dass in den nationalen Parlamenten der Schweiz und auch Deutschlands die grünen Parteien die Grösse von Volksparteien annehmen und die Ur-Anliegen der Grünen, die Ökologie und das nachhaltige Wirtschaften von allen, auch den bürgerlichen Parteien in ihre jeweiligen Wahlprogrammen aufgenommen werden. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass die Vordenker-Aufgabe der Grünen zu Ende geht und von der nächsten progressiven und umfassenderen Bewusstseinswelle übernommen werden muss. Dieses integrale Bewusstsein manifestiert sich in der Politik als «Integrale Politik», die als einzige politische Kraft alle vier Erkenntnisebenen des Menschen, den Körper, die Gefühle, den Verstand (der mentale Geist) und die Intuition (der spirituelle Geist) als gleichwertige Intelligenzen anerkennt und die erstaunliche Eigenschaft besitzt, für eine Bewertung eines Ereignisses oder eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen alle möglichen Perspektiven einzunehmen. Es geht ihr also nicht um die partikularen Interessen einer Perspektive, es geht ihr um das Erkennen der Ganzheit aller Perspektiven.

Während im zu Ende gehenden Zeitalter der Moderne nur das als richtig und wichtig galt, was der Verstand resp. die Vernunft als richtig und wichtig taxierte, betont die Postmoderne als Korrekturprogramm zur Moderne die Fähigkeiten des Körpergeistes und der emotionalen Intelligenz. Sie spürt sozusagen körperlich und gefühlsmässig die schädlichen Übertreibungen des jüngsten Kindes der Moderne, des neoliberalen Kapitalismus – zum Beispiel das grenzenlose Ausbeuten der irdischen Ressourcen – und fordert dessen sofortige Korrektur. Die Postmoderne sieht also die Fehler und die Mängel, die durch die Moderne in der Vergangenheit entstanden sind und versucht sie zu korrigieren.

Die Stunde Null des grünen Zeitalters war das Erscheinen des Berichts des Club of Rome unter dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahre 1972. Heute sind die Gedanken und Forderungen der Postmoderne in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damit ist auch gesagt, wie bereits vermerkt, dass ihre Zeit als Speerspitze des Wandels abgelaufen ist. Die Aufgabe der Grünen ist es nun, ihre zunehmende politische Macht so sinnvoll und konstruktiv wie möglich zu verwalten und in der Gesellschaft machtvoll umzusetzen. Ihre Aufgaben als Wegbereiterinnen für die politische Wende hin zur Nachhaltigkeit haben sie erfüllt. Es sieht so aus, als ob sie in naher Zukunft die Früchte ihrer jahrzehntelangen Bewusstseins-Arbeit ernten könnten. Ja, selbst die ersten und einsichtigsten Wirtschaftsverbände und ihre politischen Exponenten, die FDP, beginnen mindestens Teile ihrer Positionen in ihre eigenen Programme aufzunehmen. Gut so. Für die Korrektur der Vergangenheit ist also gesorgt. Und wer nimmt sich der Entwicklung der Zukunft an?

Es ist offensichtlich die Stunde des alle Perspektiven umfassenden integralen Bewusstseins, die Welt, die Menschheit und die Natur neu zu beobachten, neu zu denken und aus der Fülle zu beurteilen. Es ist Zeit für die aus der Zukunft agierende integrale politische Partei und Bewegung als Vordenkerin an die Öffentlichkeit zu treten. Es ist Zeit für die Integrale Politik, der Gesellschaft als Speerspitze der Veränderung zu dienen, hin zu mehr gelingenden Beziehungen, hin zu mehr Ganzheit, mehr Dienst am Leben, mehr Liebe. Das sind nicht einfach an die Plakat-Wand gemalte Ziele einer zukünftigen integral bestimmten Gesellschaft, diese Eigenschaften entspringen dem Selbstverständnis jedes integral bewussten Mitmenschen.
Für die Integrale Politik ist der Zeitpunkt gekommen, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Denn sie ist die einzige politische Organisation, die vollkommen anders als die bestehenden Parteien die gesellschaftlichen Aufgaben zu lösen versucht, indem sie sie nach der Zukunft ausrichtet. Sie korrigiert nicht die Vergangenheit, sondern sie visioniert die ganzheitlich gedachte Zukunft und untersucht, ob ein politischer Lösungsansatz in Richtung der Vision, des integralen Zukunftsbildes führt.
Um ein Gefühl zu bekommen, wohin unsere Gesellschaft sich bewegt, vergleichen wir zwei durch die Pandemie beschleunigte politischen Positionen aus der korrigierenden Sicht der Postmoderne und aus der ganzheitlichen Sicht der Integralen Politik aus der Zukunft.

Postmoderne Position

  1. In der Frage der zukünftigen Mobilität plädieren die Grünen für den Umbau der benzin- oder dieselbetriebenen Autos zu elektrobetriebenen. Sie glauben zwei Fliegen auf einen Schlag zu treffen, indem sie für die Decarbonisierung der Antriebe sorgen und die Arbeitsplätze soweit wie möglich erhalten. Beide Ansätze korrigieren die Vergangenheit und leben aus der Hoffnung, die alte Welt ökologischer und nachhaltiger wieder auferstehen zu lassen.
  2. Die durch die Pandemie beschleunigte Digitalisierung und durch die veränderten Bedürfnisse der Konsumenten und durch den Einsatz neuester Technologien vernichteten Arbeitsplätze müssen durch Schaffung neuer Bedürfnisse kompensiert werden. Schliesslich war es vor Covid-19 auch so, dass jeder erwerbsfähige Mensch sich über seine Arbeitsstelle nicht nur finanzierte, sondern auch identifizierte.

Integrale Position

  1. Integrale Politik ist den Grünen zuerst dankbar für das bezüglich Ökologie und Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren Erreichte. Das geht sicher in die Richtung einer verbesserten Lebensqualität und der Schonung der von der Erde zur Verfügung gestellten Ressourcen. Das integrale Zukunftsbild der individuellen Mobilität führt jedoch mit Ausnahme der dünnst besiedelten Randregionen vom individuellen Auto weg hin zu einem genial organisierten öffentlichen Verkehr. Warum in Zukunft überhaupt noch Autos bauen? Warum bis an die Leistungsgrenze arbeiten? Warum nicht kreativer und beziehungsvoller leben?
  2. Allein der bereits heute sichtbare Rückgang an Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie, im Flugverkehr, im Bankenwesen, in der Hotellerie und in der Reisebranche wird durch neue Bedürfnisse nicht kompensiert. Das integrale Zukunftsbild zur Sicherung der Würde aller Menschen zeigt in Richtung eines Grundeinkommens oder der Reduzierung der Wochenarbeitsstunden um ein Drittel oder mehr. Massstab des Wohlergehens ist nicht die Höhe des finanziellen Einkommens, sondern das Gelingen der Beziehungen zwischen den Menschen, zwischen Mensch und Tier und zwischen Mensch und der Natur. Der Mensch spürt, dass er ein Teil der Natur und die Natur ein Teil seines Wesens ist. Voraussetzung für das Gelingen unserer Beziehungen ist, achtsam und in Liebe zu leben.

Die Zeit ist reif für einen Wechsel des Massstabes für gelingende Politik. Im Zeitalter der Moderne ging es um materielles Wachstum und um die Ablösung der Abhängigkeiten der Menschen von der Macht des Adels und der Kirche hin zu mehr Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein. Das heutige grüne Zeitalter der Postmoderne ist geprägt durch Korrekturen der Übertreibungen des materiellen Wachstums. Ökologie und Nachhaltigkeit sind seine politischen Maßstäbe. Recht und gut und notwendig. Die Entwicklung geht aber weiter. Der Mensch und die menschliche Gesellschaft brauchen neue, konstruktive Lebensgrundlagen. Sie können nicht bei der Fehlerbehebung der Vergangenheit stehen bleiben. Sie brauchen neue, möglichst die Ganzheit umfassende Perspektiven. Sie brauchen einen Leitstern aus der Zukunft. Achtsame Menschen sehen sein Licht im eigenen Herzen leuchten. Es ist das integral genannte Bewusstsein, das sich mehr und mehr selbst erkennt und dann vor allem gelebt werden muss. Wir nennen das Bewusstseinserweiterung oder integrale Lebenspraxis.

Sterbebegleiter stellen eindrücklich fest, dass ein sterbender Mensch bei der Rückschau auf sein Leben sich nicht fragt, ob er seinen Wohlstand nicht noch hätte vergrössern können. Er fragt sich, ob er die Beziehungen zu seinen Mitmenschen und seiner Mitwelt gelungen gestaltet und gelebt hat. Mit andern Worten, ob er konstruktiv liebend oder destruktiv egozentrisch gelebt hat. Das ist also der neue Massstab für gelingende Politik der Zukunft: Das Mass des Gelingens guter Beziehungen von Mensch zu Mensch und von Mensch zur Mitwelt. Das Mass der gelebten Achtsamkeit und Liebe.

Die Zeit für eine liebevolle, achtsame und ganzheitliche Politik voller Dankbarkeit, Leichtigkeit und Sinn für Humor ist gekommen.
Diese Politik hat einen Namen: Integrale Politik.

Die Zeit ist reif für Integrale Politik.

 

Gary Zemp
Mitte Dezember 2020

 

 

11 Antworten

  1. Lieber Gary – Herzlichen DANK für diesen brillanten und visionären Text. Beste Inspiration für Reflexionen an stillen Weihnachtstagen 2020. So stehen wir also heute ungefähr da, wo „Grün“ im Jahr 1972 klein begonnen hat. Wir werden also ebenfalls einen langen Atem benötigen. Und im nächsten Jahr wollen wir die Ärmel hochkrempeln und uns Schritt für Schritt an die Umsetzung machen. Ja, die Zeit ist reif!

    1. Lieber Richi – Danke für Dein wohlwollendes Feedback. Es ist durchaus möglich, dass die Evolution ihren Arbeitsrhythmus noch erhöht. Mir scheint die Geschwindigkeit des Wandels, den wir zur Zeit erleben, allerdings schon sehr hoch. Wie auch immer, stellen wir einfach den evolutionären Kräften unsere Kräfte zur Verfügung. Vielleicht machen wir dann die Erfahrung, dass wir die Kräfte der Evolution sind.

  2. Lieber Gary
    Dieser Text enthält ein Manifest, das nicht übersehen werden sollte. Es beinhaltet, dass wir, die IP, nun dran sind, die Führung zu übernehmen. Führung weniger im Sinn von Macht, sondern von Verantwortung. Wenn alles, was wir bisher gedacht, geschrieben, geredet, gehandelt haben, nicht einfach warme Luft war, muss das so sein.
    Lesen wir doch nochmals deinen mutigen Text: „Es ist offensichtlich die Stunde des alle Perspektiven umfassenden integralen Bewusstseins, die Welt, die Menschheit und die Natur neu zu beobachten, neu zu denken und aus der Fülle zu beurteilen. Es ist Zeit für die aus der Zukunft agierende integrale politische Partei und Bewegung als Vordenkerin an die Öffentlichkeit zu treten. Es ist Zeit für die Integrale Politik, der Gesellschaft als Speerspitze der Veränderung zu dienen, hin zu mehr gelingenden Beziehungen, hin zu mehr Ganzheit, mehr Dienst am Leben, mehr Liebe“.
    Da fällt mir natürlich sofort der Geegensatz auf zwischen dem hohen Anspruch und unsern kümmerlichen Ressourcen. Da haben wir noch viel zu tun. Die Neustrukturierung soll und kann uns Grundlagen geben. Ein Dialog zwischsen Gary und dem Vorstand dazu scheint mir unumgänglich. Und dann sollte wir alle dran, ohne Selbstüberschätzung, aber mit viel Selbstvertrauen.

  3. Lieber Gary – Mögen die Kraft , Energie, Wille, Liebe und scharfe Sinne uns genügen, so gut formulierte ‚ABSICHT‘ zu konkretisieren!

  4. Lieber Gary
    Einmal mehr können wir Deinen wunderbar formulierten Text geniessen. Nur scheint mir, dass das von Dir geschriebene nicht wirklich neu ist. Es beschäftigt uns seit vielen Jahren, ich möchte fast sagen, es vereinnahmt schon sehr lange unsere Gedanken, Begeisterungen, Energien.
    Ich frage mich, wann endlich die Taten folgen. Wie das zu bewerkstelligen ist, darüber will die Gruppe Luzern ja am Regiotreff am 3. März diskutieren. Auch dieser Dialog ist nicht neu, wir haben schon viele Male darüber geredet.
    Meine Meinung ist: tun wir es!! Beginnen wir damit und reden bezw. schreiben wir darüber! Auf unserer Webseite sollte es z.B. eine Rubrik geben, wo jedermann über seine Erfahrungen mit der Begegnung der Realität schreiben kann.
    Liebe Grüsse
    Peter

    1. Lieber Peter
      Du fragst Dich, wann endlich Taten folgen?
      Dann möchte ich hier doch etwas aus dem Nähkästchen plaudern: Im Zuge des neuen Aufbruchs der IP-Schweiz wurden in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Aktivitäten angestossen, die für Dich vielleicht noch nicht unmittelbar sichtbar geworden sind. Zur Zeit stossen im Wochentakt neue Leute zu uns. Die Chancen stehen sehr gut, dass bereits im März eine junge IP-Frau in ein Gemeinderatsamt gewählt wird. Von ein paar weiteren konkreten Taten erzähle ich Dir gerne bilateral, weil es den Rahmen dieses Ortes sprengen würde.
      DIE ZEIT IST REIF FÜR INTEGRALE POLITIK!

  5. lieber Gary
    herzlichen Dank für deinen Beitrag zum Verständnis der Politik der Grünen und der der Integralen Politik. Dabei erachte ich deine Wertschätzung den „Grünen“ und weiteren politischen Kräften gegenüber als weiterbringend. Achten wir auch innerhalb der IP darauf, uns mit gegenseitigem Verständnis und Wertschätzung zu begegnen und so miteinander zu arbeiten. Deinen Beitrag erachte ich dafür als eine Inspiration, die uns in eine gemeinsame Richtung weiter arbeiten lässt,
    von Herzen Josef

  6. Lieber Gary,

    ein sehr schönes und fundiertes Statement zur Aktualität integraler Politik!
    Du bringst es immer wieder wunderbar auf den Punkt!

    Elke

  7. Danke, lieber Gary, für Deine Anregung 😊

    Ich teile mit Dir und mit allen Mitmenschen das Bedürfnis, andern Lebewesen Gutes zu tun und dabei niemandem zu schaden.
    Wenn das uns gelingt, erleben wir angenehme Gefühle…..😀😁😂🤣😃😄😅😆😋😍😙😚😏🙄
    Gelingt das uns nicht, erleben wir nicht angeneme Gefühle 😣😥😮🤐😫😓😒😕😔😲😝😖😬😢😤😞

    Strategien, Wünsche, Ziele sind individuelle verschiedene Taktiken, Möglichkeiten, Fähigkeiten, ein oder gleich mehrere Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Unterscheidungen sind im Sinn der gewaltfreien Kommunikation nach M. ROSENBERG wesentlich.

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