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Die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 26. September 2021

Ja zur Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» – Ja zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Ehe für alle)

«Fortschritt besteht nicht in der Verbesserung dessen, was war, sondern in der Ausrichtung auf das, was sein wird.» Khalil Gibran

1 – Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern»

Was die Vorlage will

Die Initiative will, dass in der Bundesverfassung ein neuer Artikel aufgenommen wird, der festlegt:

  • dass Kapitaleinkommen über einem bestimmten Betrag (den das Parlament noch festzulegen hat) zu 150 Prozent steuerbar sind – ab diesem Betrag würde jeder Franken Kapitaleinkommen wie Fr. 1.50 gezählt
  • und dass mit dem Mehrertrag die Steuern für Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen gesenkt und der Service Public gestärkt wird.

Zum Kapitaleinkommen gehören beispielsweise Zinsen, Einkünfte aus Vermietung, Dividenden oder aus dem Verkauf von Wertpapieren oder Grundstücken.

Das integrale Zukunftsbild

In einer Integralen Gesellschaft sorgen die Menschen dafür, dass sie für die Erfüllung anstehender Aufgaben genügend Mittel generieren. Die Beschaffung dieser Mittel ist gerecht: Alle geben bewusst und ihren Möglichkeiten entsprechend, sie spüren, was sie wirklich brauchen.

Abstimmungsempfehlung: JA

Unsere Überlegungen dazu

  1. Grundsätzlich begrüssen wir jeden noch so kleinen Schritt hin zur Transformation des aktuellen Systems rund um das Geld. Die Umverteilung des Reichtums ist aus unserer heutigen Sicht ein notwendiger Schritt, auch um die Schere zwischen Arm und Reich zu minimieren. Das Ohnmachtsgefühl der nicht Geld-Mächtigen wird mit dem neuen Gesetz reduziert.
  2. Wir stellen grundlegende Zweifel am bestehenden Finanzsystem fest, die sich hier erneut zeigen. Wir vertrauen dem Parlament, dass es den Spielraum der Kapitalbesteuerung, die Umverteilung der Gelder und die noch unklaren Rahmenbedingungen klar und in gerechter Art und Weise regelt.
  3. Die Initiative geht in die Richtung einer integralen Gesellschaft, wenn auch die Ansätze der Integralen Politik deutlich weiterführen (siehe auch IP Grundlagen, S.11 Wirtschaftsordnung).
  4. Welche Änderungen eine Annahme der Initiative mit sich bringen wird, beruht auf Spekulationen, sicher wäre einzig der Prozess der Gesetzesausarbeitung.

Das besondere Anliegen der IP

  • Eine verständliche Definition des Begriffs «Kapitaleinkommen» erachten wir als wertvolle Hilfe für die Stimmbürger:innen. Auch ist der Inhalt des Begriffs «Soziale Wohlfahrt» noch zu weit interpretierbar.
  • Wir wünschen uns eine aktive Mitwirkung bei der Ausgestaltung dieses Gesetzgebungsprozesses.

2 – Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Ehe für alle)

Was die Vorlage will

Das Parlament hat am 18. Dezember 2020 beschlossen, das Zivilgesetzbuch dahingehend zu ändern, dass auch gleichgeschlechtliche Paare zivil heiraten dürfen. Heute können sie ihre Partnerschaft eintragen lassen. Eine eingetragene Partnerschaft ist der Ehe rechtlich nicht gleichgestellt. Durch die Gesetzesänderung würde diese Ungleichbehandlung beseitigt. Bei Annahme der Gesetzesänderung sind keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr möglich.

Durch die Gesetzesänderung:

  • können sich ausländische Ehepartner:innen von gleichgeschlechtlichen Paaren erleichtert einbürgern lassen.
  • kann ein gleichgeschlechtliches Ehepaar gemeinsam ein Kind adoptieren.
  • haben verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Verboten bleiben anonyme Samenspenden, Eizellenspende und Leihmutterschaft. Das verfassungsmässige Recht zu erfahren, von wem man abstammt, bleibt bestehen.

Gegen diese Änderungen wurde das Referendum ergriffen, darum stimmt die Bevölkerung darüber ab.

Das integrale Zukunftsbild

In einer integralen Gesellschaft gestalten Menschen ihre Partnerschaften und familiären Lebensgemeinschaften spielerisch, verantwortungsbewusst, vielfältig und liebevoll.

Abstimmungsempfehlung: JA

Unsere Überlegungen dazu

  1. «Es braucht ein ganzes Dorf zur gesunden, verantwortlichen Entwicklung der Kinder.» (Afrikanisches Sprichwort)
  2. Die Vorlage ist Ausdruck einer Haltung, die freie Entscheidung aller andern zu achten und anzuerkennen. Sie verringert Ungleichheiten und bringt einige Erleichterungen, z.B. bei der Einbürgerung oder beim Zugang zur Fortpflanzungsmedizin.
  3. Der Staat hat generell gesehen nicht die Aufgabe, die Menschen vor sich selber zu schützen. Vielmehr soll seine Gesetzgebung dafür sorgen, dass die Freiheiten der Einzelnen dort enden, wo die Rechte von anderen verletzt würden. Die Vorlage ermöglicht es allen, diesbezüglich frei zu entscheiden, ohne dass andere in ihren Rechten beschnitten werden.
  4. Wir teilen die Ansicht des Bundesrats und des Parlaments, dass die rechtliche Gleichstellung aller Paare dem weit verbreiteten Bedürfnis entspricht, das Privat- und Familienleben selber gestalten zu können und dass die Zuwendung, die die Eltern ihren Kindern zukommen lassen, keine Frage des Geschlechts und der Familienform ist.
  5. Diese Ansicht wird bestärkt durch ein tieferes Verständnis von Selbst- und Mitverantwortung jedes Menschen. Er greift ein, um aufgrund seiner eigenen Urteilskraft lebensfördernde Bedingungen herzustellen (aus den IP Grundlagen, S.3).
  6. Wir geben zu bedenken, dass das neue Gesetz nur bedingt eine Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren bringt. Man kann keine neuen Partnerschaften eintragen lassen. Konkubinats-Verträge sind den heterosexuellen Paaren vorenthalten.

Das besondere Anliegen der IP

  • Der Bund der Ehe soll aus einem inneren, echten und wertbewussten Bedürfnis entspringen. Ebenso zu sehen ist die Entscheidung, gemeinsam jungen Menschen ein liebevolles Daheim zu bieten, das aus ehrlicher Absicht gewoben wird. Wir distanzieren uns von der Tendenz der Kommerzialisierung von Errungenschaften der Forschung rund um die Zeugung von Leben.
  • Wir sind dankbar, dass Leben selber entscheiden kann, zu werden oder nicht. Daraus erwächst die Erinnerung an die Achtsamkeit bei einem Kinderwunsch.
  • Zur Adoption: Eine fehlende Mutter kann nie befriedigend ersetzt werden. Die Haltung, ein elternloses Kind aufzunehmen, ihm ein Zuhause zu bieten, begrüssen wir. Eine bewusste Lebensweise und damit zusammenhängende Entwicklungsprozesse erachten wir als Voraussetzung. Ein vordringliches Ziel einer integralen Gesellschaft muss sein, jeglichem Kinderhandel Einhalt zu gebieten. Unter allen Umständen und bei allen Entscheidungen soll das Wohl des Kindes im Vordergrund sein.

Erklärung zum Vorgehen und zum Ziel des Politischen Kommentars

Der politische Kommentar der IP Schweiz ist das Ergebnis eines Prozesses, mit dessen Hilfe integrale Positionen zu eidgenössischen Abstimmungsvorlagen gefunden werden. Dabei wird ermittelt, ob eine Vorlage einen Schritt in die Richtung einer Vision einer integralen Gesellschaft bedeutet, das heisst, einen Beitrag zur Transformation der Gesellschaft leistet, oder ob das Anliegen nur eine sich im Kreis drehende Variante des Bestehenden ist. Die Vorlagen werden vom Politischen Ausschuss der IP Schweiz beurteilt.

Das Ergebnis dieses Ermittelns entspringt einer Momentaufnahme und findet Ausdruck in einer integralen Abstimmungsempfehlung mit konkreten Begründungen. Das Ziel des Kommentars ist es, die Leserinnen und Leser zu animieren, mit ähnlichen, visionsorientierten Überlegungen zu ihrem je eigenen Ergebnis zu kommen. Das Ziel einer integralen Position ist es nicht, Recht zu haben, sondern die Menschen zu mehr Bewusstheit zu führen.

Die Verantwortlichen für diese Ausgabe sind: Pia Bossi, Jakob Elmer, Pascal Furrer, Remy Holenstein, Kathrin Schelker. Gäste: Tizian Frey, Pierrot Hans

5 Antworten

  1. A propos „Rechte nicht verletzen“. Ich meine, ein Kind hat das Recht, möglichst beide Geschlechter kennenzulernen, was mit einem anwesenden Vater und einer Mutter naturgemäss gegeben ist.

  2. Ich meine, wir sollten uns jeweils, neben den unterstützenden Begründungen, auch die Frage stellen:
    Was hat ein Ergebnis, das unserer Empfehlung widerspricht zur Folge ?
    Bei beiden Vorlagen ist das relevant:
    a) Bei der Steuerrevision, deren positive Folgen ja doch sehr begrenzt sind, könnte eine Ablehnung aber grösseren Schaden anrichten, indem spätere Vorlagen zu mehr Steuergerechtigkeit behindert werden könnten: Entmutigung – zeitliche ‚Blockierung‘ – Gegenargument ‚Zwängerei‘
    b) Bei der Ehe für alle würde durch eine Ablehnung nicht nur eine seit vielen Jahren stossende Situation zementiert, sondern es würden auch jahrelange Bemühungen breiter Kreise um eine einvernehmliche Lösung zunichte gemacht – und weitere Verbesserungen (wie beispielsweise „Konkubinat“ für alle) für längere Zeit be- bzw. verhindert.

    1. Ich finde, ihr problematisiert die Kinderrechte im Falle des Samenspende bei zwei verheirateten Frauen zu wenig. Adoption von Kindern finde ich diskutabel, die Samenspende mit Blick auf das Kind hingegen höchstproblematisch. Vielleicht sollten wir darüber in der IP mal in ein Gespräch kommen.

  3. Wir haben in unserem Bekanntenkreis je ein schwules und lesbisches Ehepaar mit zwei, resp. drei Kindern. Meine Frau und ich haben zwei erwachsene Söhne. Wir können keine Nachteile bei den fünf Kindern feststellen, alle werden geliebt und entwickeln sich wie andere Kinder auch. Nebst den Eltern haben Kinder mit Gotte und Götti, Grosseltern, Tanten und Nichten, Lehrer und Lehrerinnen weitere wichtige Bezugspersonen.

  4. Mit der „Pille der Verhütung, wie jene der Abtreibung, und der manipulären Gentechnik** ändert sich die generationenweise Fortentwicklung der „Menschheit““ fortlaufend.

    Die Schöpfungsgeschichte der **BIBEL** wurde ja damals nur von wenigen Menschen verstanden, die nur eine Schöpfungsmacht erkennen konnten,,,,,,

    Die lebenserhaltenden Gebote aber blieben……..

    Neulich erklärte mir mein Hausarzt, dass schon früh junge Menschen bekundeten, dass sie, sich in ihrer Geschlechtlichkeit nicht wohl fühlten. Und sich auf eine Therapie konzentrierten.

    Von einem Mädchen in seiner Beratung etwa 13 – jährig (Name unbekannt)), das zum Jungen heranwachsen wollte, berichtete er, wie dieses in irritierenden Auseinandersetzungen mit sich selbst, auf seinen Weg mit dem angeborenen Geschlecht (weiblich)) , wieder zurückkam;;;;;;;;;;;;

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    Das bedingungslose Grundeinkommen wird ja in irgendeiner Form Gewissheit werden, JA?????

    Den Planeten mit unserer technologischen Arbeitsweise weiter so auszuplündern, mit den anreizenden, dazugehörigen Finanzsystemen, wird logischerweise zu ihrem Ende kommen, so oder So!??!

    Deshalb soll mit dieser Reichtums Initiative zur Besinnung gerufen werden. Auch wenn dabei Druck entsteht.
    Der Text ist auch sehr klug abgefasst!!!!!!!!

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