Rahmenabkommen: Warum zögern?

Das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union soll festlegen, dass die Anpassung von Gesetzesänderungen, welche von der EU beschlossen wurden, in der Schweiz automatisch erfolgt. Heute muss die Schweiz solche Anpassungen jedes Mal neu beschliessen.

Dieses Abkommen betrifft fünf der insgesamt über 100 Dossiers, in welchen eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU besteht. Es sind dies die bekannten bilateralen Verträge über Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, technische Handelshemmnisse und das Agrarabkommen.

Fünf entscheidende Punkte

Aus Schweizer Sicht gibt es fünf Knackpunkte:

  • Guillotine: Wie die meisten Verträge enthält auch der Rahmenvertrag eine Kündigungsklausel. Wird der Rahmenvertrag gekündigt, fallen automatisch auch alle Marktzugangsabkommen dahin, welche die Schweiz und die EU schliessen.
  • Fremde Richter: Bei Streitigkeiten zum Rahmenvertrag würde ein unabhängiges Schiedsgericht entscheiden.
  • Lohnschutz: Die Gewerkschaften werfen dem Bundesrat vor, den Lohnschutz aufweichen zu wollen. Die EU kritisiert die flankierenden Massnahmen in der Schweiz schon seit Jahren als diskriminierend. Diese legen fest, dass Arbeitskräfte aus der EU die Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten. So müssen Firmen Arbeitseinsätze acht Tage vorher in der Schweiz anmelden.
  • Unionsbürgerrichtlinie: Für Unbehagen sorgt auch die Aussicht, dass der Europäische Gerichtshof die Schweiz zur Übernahme der EU-Unionsbürgerrichtlinie zwingen könnte.
  • Staatsbeihilfen: Die Kantone befürchten, dass die EU ihnen mit dem Rahmenvertrag künftig stark dreinreden. Die EU will ihre Regeln zu Staatsbeihilfen auf das Freihandelsabkommen mit der Schweiz übertragen.

Um solche Schwierigkeiten zu regeln, einigten sich die beiden Seiten auf ein Schiedsgericht. Darin wären drei Personen vertreten: je ein Richter oder eine Richterin aus der Schweiz und der EU – und eine Drittperson aus einem unbeteiligten Land.

Integral: Föderalistisches Nebeneinander

Eine ganzheitliche, integrale Betrachtung der Situation in Europa, so wie es die „Integrale Politik“ pflegt, kommt zum Schluss, dass dieses Abkommen bestens zu einer zeitgemässen Bedeutung der Schweiz in Europa passen kann. Immerhin hat die Schweiz eine über 170 Jahre währende Tradition mit entsprechenden Erfahrungen im föderalistischen Nebeneinander von über- und untergeordneten Regierungsebenen. So haben auch kleine Kantone wie der Appenzell ihre Eigenheiten bis heute bewahrt, ohne vom nationalen Rahmen erdrückt zu werden. Europafreundliche Kreise unterstützen diese Ansicht voll und ganz.

Solche Erfahrungen im europäischen Rahmen einzubringen, das könnte ein wichtiger Beitrag der Schweiz in Europa sein. Und dass Schweizer Vertreter in multinationalen Gremien durchaus eine ernst genommene Stimme haben, das hat sich in vielen praktischen Fällen immer wieder gezeigt.

Lasst uns das Abkommen ratifizieren

Lassen wir die Mutlosigkeit und die Fokussierung auf partikulare Argumente hinter uns und schreiten wir selbstbewusst auf ein kraftvolles Europa zu! Unterschreiben und ratifizieren wir das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union!

 

 

 

 

 

6 Antworten

  1. Warum zögern? Ist es nicht einfach so, dass zu wenige Schweizer den paradiesischen Apfel mit unseren europäischen Nachbarn teilen wollen? Oder verkümmern wir als Gesellschaft zu einem rechthaberischen Volk, das seine Privilegien auf Kosten der Teilhabe an der menschlichen Gemeinschaft einmauert? Wo sind die grossdenkenden, angstfreien Eidgenossen nur geblieben? Sind sie wirklich mehrheitlich materiell reich, dafür ängstlich geworden?

  2. …ängstlich ist nur der Vornahme. Was ich sehe ist Erstarrung vor Angst, wie der Chüngel vor der Schlange, respektive der Schweizer vor der EU. Dabei ist das geflügelte Wort “Mitenand gahts besser” landesweit eine anerkannte Qualität. Allerdings, so scheint mir, nur als Worte, denn die Taten fehlen.
    Apropos paradiesischer Apfel, es ist nicht immer genau ersichtlich wer ihn gerade in den Händen hält und diejenigen die ihn gerade haben bemerken es nicht.

  3. Es gibt eine weit verbreitete Angst vor der Europäischen Union. Diese Angst wurde und wird von einer Partei schamlos geschürt, nur um ihre Macht und Grösse auszubauen. Und dies funktioniert, weil die EU halt grösser ist, als der einzelne einfach so überschauen und verstehen kann. Wie jede Organisation hat die EU auch neben vielen sehr guten Regeln sicher auch umstrittene.
    Aber wenn wir unsere Exporte, unseren Wohlstand und unsere guten Dinge behalten wollen, müssen wir bei grösseren Organisationen mitmachen und mitbestimmen. Auch unsere Gewerkschaften täten gut daran, sich wieder für die Arbeitnehmer einzusetzen, statt einfach stur Arbeitgeber und anderes zu bekämpfen. Für mich stellen sich dann Fragen wie;
    Wie weit wollen wir mit der Zerstörung der Umwelt gehen, bis wir beginnen über die Landesgrenzen zu denken und handeln? Leiden unsere Nachbarn wirklich alle unter einer Diktatur? Darf man mit unserer Haltung noch ins Ausland in die Ferien fahren? Wieso gibt es Schweizer, welche im Ausland leben?
    Daher ohne zögern Ja zu grösserem Denken und weg von Angst.

    1. …ja aber – die Gewerkschaften sind nicht sturer als deren Gegenspieler, und Gewerkschaften gibt es nur wegen dem Verhalten der sogennanten Arbeitgeber. Irgendwann hat eine Bevölkerungsgruppe die Nase voll mit der ewigen Domestizierung und Bevormundung, dann beginnt sie sich zu wehren. Leider stecken wir immer noch im Sieger-Verlierer Modus fest. Ich habe die Möglichkeit damit aufzuhören und alle Anderen auch. Ein Ersatzmodell könnte die Gemeinwohl-Politik sein unter dem Patronat “liebe deinen nächsten wie dich selbst.

  4. Ich finde diesen Idealismus gegenüber dem Moloch EU naiv. Die EU entwickelt sich zunehmends zu einem totalitaristischen Gebilde. Ich war früher auch der Meinung, dass sich die Schweiz der EU anschliessen müsste, um den Frieden zu sichern. Heute erkenne ich diese Propaganda als trügerisch. Ein gutes Beispiel ist die Augenwischerei der EU mit dem Europaparlament. Da wird dem Bürger vorgemacht, dass er über die Wahlen ein Mitbestimmungsrecht hätte. https://www.youtube.com/watch?v=LPJkHmgR6a0
    Kilez More rechnet damit auf kaberettistische Weise ab :-)))

    1. …tut mir leid, Idealismus ist nie naiv, sondern eine entscheidende Energie die uns helfen kann von einer Utopie zur Real-Utopie zu gelangen. Ich sehe Naivität als eine Kraft die jenen Menschen zur Verfügung steht die sich, sehr Bewusst, um eine “Haltung des Nicht-Wissens” bemühen. In diesem Modus besteht die Chance neue Perspektiven zu entdecken, sofern wir an kreativen Prozessen teilnehmen.

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